Schnelligkeit war gestern
Die Average Handle Time (AHT) galt über viele Jahre als zentrale Kennzahl im Kundenservice. Je kürzer der Kontakt, desto effizienter das Team – so lautete die einfache Formel. Und ja: Die AHT hat durchaus ihren Platz. Sie hilft bei der Kapazitätsplanung, beim Workforce Management und bei der Identifikation von Prozess-Bottlenecks.
Doch die Realität zeigt:
Unternehmen, die ihre Service-Teams noch immer primär nach AHT steuern, gefährden langfristig ihre Kundenzufriedenheit und damit auch ihren wirtschaftlichen Erfolg.
Die Schattenseite der Effizienz
In zahlreichen Projekten beobachte ich das gleiche Muster:
Teams werden auf kurze Gesprächszeiten getrimmt. Mitarbeitende fühlen sich gehetzt. Kund:innen spüren diese Hektik und fühlen sich abgefertigt.
Die Folgen sind messbar:
- Steigende Eskalationsraten
- Sinkende First Contact Resolution (FCR)
- Schlechtere Customer Satisfaction Scores (CSAT)
- Und letztlich ein beschädigtes Markenimage
Kurz gesagt: Einseitige Effizienzsteuerung untergräbt Vertrauen und Qualität.
Künstliche Intelligenz verändert die Spielregeln
Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Kundenservice entstehen neue Möglichkeiten und neue KPIs.
Ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis:
Ein Unternehmen implementierte einen KI-basierten Chatbot, der über 40 % aller Standardanfragen vollautomatisiert lösen konnte. Die Auto-Resolution Rate (ARR) stieg deutlich, und die Mitarbeitenden gewannen wertvolle Zeit für komplexe Anliegen.
Doch die entscheidende Erkenntnis lautete:
Die AHT allein sagt nichts über den Serviceerfolg aus.
Bots mögen schnell sein, entscheidend ist, wie viele Anliegen beim ersten Kontakt korrekt und vollständig gelöst werden.
Diese KPIs sind heute entscheidend
Im modernen Kundenservice zählen nicht mehr nur Zeit und Effizienz, sondern vor allem Lösungsqualität, Kundenerlebnis und Business Impact.
Die wichtigsten Kennzahlen sind:
- First Contact Resolution (FCR): Wie viele Anfragen werden beim ersten Kontakt gelöst?
- Customer Satisfaction Score (CSAT) und Customer Effort Score (CES): Wie zufrieden und wie einfach war die Interaktion?
- Sentiment Score: Wie empfinden Kund:innen das Serviceerlebnis emotional, analysiert durch KI.
- Auto-Resolution & Escalation Rate: Wie viel übernimmt die KI, wann muss der Mensch eingreifen?
- Net Promoter Score (NPS) & Churn Rate: Der ultimative Gradmesser für Loyalität und Abwanderung.
AHT bleibt dabei relevant, aber als Diagnosewert, nicht als Steuerungsgröße.
Von Kennzahlen zu Kundenorientierung
Ein zukunftsorientiertes Service-Controlling braucht eine Balanced Scorecard, die alle Dimensionen abbildet:
- Effizienz – AHT, ARR, Erreichbarkeit
- Qualität – FCR, QA-Score, Sentiment
- Business Impact – CSAT, NPS, Churn, Cross- & Upsell-Rate
Wer seine Teams nur auf Geschwindigkeit steuert, reduziert den Service auf Output.
Wer hingegen Lösungsqualität und Kundenerlebnis in den Mittelpunkt stellt, schafft nachhaltige Ergebnisse, für Kund:innen, Mitarbeitende und Unternehmen gleichermaßen.
Was am Ende zählt
Die Steuerung nach AHT gehört zu den überholten Konzepten im Kundenservice.
Die Zukunft gehört einem intelligenten KPI-Framework, das Effizienz, Qualität und Wirtschaftlichkeit vereint. Denn moderner Kundenservice bedeutet nicht, schneller zu sein sondern besser, relevanter und wertvoller für Kund:innen zu agieren.
Wenn Sie Ihre KPI-Logik im Kundenservice auf den Prüfstand stellen und ein zukunftsfähiges Steuerungsmodell entwickeln möchten, begleite ich Sie gerne dabei.